„Reich werden mit diesem Steuertrick“ – eine häufige Lüge auf Social-Media. Das ist nicht nur unlogisch, sondern mathematisch unsinnig. Steuern sparen ≠ Vermögen aufbauen. Entscheidend ist kostengünstiges Investieren – wie ich es auch in Vorträgen und Workshops von FinChamp betone. Hier der mathematische Beweis.
Den Vorteil breit gestreuter Marktindizes erläutere ich im Artikel: Systemisch analysiert: Warum Buy-and-Hold des Weltportfolios langfristig gewinnt.

Inhalt

Der Rechenweg taugt auch für den Matheunterricht der Oberstufe als Anwendungsbeispiel für Differenzialrechnung. Den Rechenweg habe ich so weit ausgeführt, dass er mit Unterstützung des Mathelehrers des Vertrauens nachgerechnet werden kann.
Kosten mindern den Investitionserfolg
Wir vergleichen drei Alternativen:
Produkt LV | Produkt Fds | Produkt ETF | |
---|---|---|---|
Investition | 10.000 € | 10.000 € | 10.000 € |
Sparrate | 2.400 € | 2.400 € | 2.400 € |
Rendite | 8,0 % | 8,0 % | 8,0 % |
Kaufkosten | -2.500 € | -500 € | -100 € |
Laufende Kosten | -2,0 % | -2,5 % | -0,2 % |
Kosten[1] [2] [3] und Renditen[4] sind nicht real, habe ich aber informiert gewählt. Wir wollen nur die Auswirkung der Kosten verstehen. Deshalb sind die Vereinfachungen akzeptabel. Alle laufenden Gewinne werden thesauriert und unterliegen nicht der Steuer. Je nach Laufzeit können die Kosten erhebliche Unterschiede der Endvermögen verursachen:

Offenbar:
- Die Kosten wirken sich auf unseren Investitionserfolg aus
- Laufende Kosten kommen teuer zu stehen
Doch gilt das immer? Ich beweise es im Folgenden.
Annahmen & Rechenregeln
Für diese Analyse nehmen wir an, dass Gewinne und Renditen sowohl positiv als auch negativ sein können. Steuern, Inflation und Risiken bleiben unberücksichtigt.
Kettenregel
\[ u'(v) = u'(v) \cdot v' \tag{1} \]
Produktregel
\[ (uv)' = u'v + uv' \tag{2} \]
Quotientenregel
\[ \left(\frac{u}{v}\right)' = \frac{u'v - v u'}{v^2} \tag{3} \]
Den absoluten Gewinn optimieren
Der Gewinn \( G \) einer Anlage in ein Wertpapier berechnet sich aus
\[ G = E - A \tag{4} \]
mit \( E \) als Erlös und \( A \) als Ausgaben. Sowohl der Erlös als auch die Ausgaben hängen von der Menge \( X \) des Wertpapiers ab. Unter Berücksichtigung des Erlöspreises \( P_E \) ergibt sich für den Erlös
\[ E = P_E \cdot X \tag{5} \]
Analog dazu ergibt sich für die Ausgaben der Preis \( P_A \). Hinzu kommen aber auch noch die Transaktionskosten \( K \), die uns die Bank in Rechnung stellt. Das heißt für die Ausgaben:
\[ A = P_A \cdot X + K \tag{6} \]
Die Transaktionskosten \( K \) hängen sowohl vom Erlös als auch den Ausgaben und den laufenden Kosten ab. Genauer:
\[ K(E, A, X) = K_E + K_A + K_L + K_{\tau} > 0 \tag{7} \]
mit \( K_E \) als Kosten für den Erlös, \( K_A \) als Kosten für die Ausgabe, \( K_L \) für die laufenden Kosten, \( K_{\tau} \) für Residualkosten wie Spreads, Währungsumrechnungen, Kontogebühren, etc. Da es sich hierbei um eine lineare Verkettung von Teilkosten handelt, wird zum Zweck der Lesbarkeit auf die Aufteilung der Kosten verzichtet. Außerdem wird angenommen, dass zumindest die Residualkosten anfallen.
Setzen wir die Ausdrücke (5) und (6) in (4) ein:
\[ G = P_E \cdot X - P_A \cdot X - K \tag{8} \]
Für den maximalen Gewinn müssen wir die 1. Ableitung auf den Gewinn \( G \) nach der gekauften Menge \( X \) bilden:
\[ G' = \frac{dG}{dX} = P_E - P_A - K' \tag{9} \]
Setzen wir \( G' \) gleich Null, so erhalten wir:
\[ 0 \equiv P_E - P_A - K' \tag{10} \]
Umgestellt:
\[ P_E - P_A = K' \tag{11} \]
Der Gewinn \( G \) ist maximal, wenn die 2. Ableitung von (8) nach der gekauften Menge \( X \) kleiner Null ist:
\[ G'' = \frac{d^2G}{dX^2} = -K'' < 0 \tag{12} \]
Das ist erfüllt, weil die Summanden größer als Null sind:
\[ - \underbrace {K''}_{>0} < 0 \tag{13} \]
Daraus folgt: Der maximale Gewinn liegt dort, wo der Stückgewinn \( P_E - P_A \) die Grenzkosten \(K'\) schneidet. Das leuchtet unmittelbar ein: Solange die Grenzkosten niedriger als der Stückgewinn sind, lohnt sich der Handel. Überschreiten die Grenzkosten den Stückgewinn, entsteht ein Verlust.
Fazit: Minimale Transaktionskosten maximieren den absoluten Gewinn.
Die Rendite optimieren
Die Rendite \( R \) einer Anlage in Wertpapiere berechnet sich aus:
\[ R = \frac{G}{A} = \frac{E - A}{A} = \frac{E}{A} - 1 \tag{16} \]
mit dem Gewinn \( G \) und den angefallenen Ausgaben \( A \). Den Erlös \( E \) ersetzen wir durch (5) und die Ausgabe \( A \) durch (6):
\[ R = \frac{P_E \cdot X}{P_A \cdot X + K} - 1 \tag{17} \]
Für die maximale Rendite müssen wir die 1. Ableitung von \( R \) nach der gekauften Menge \( X \) bilden. Die Eins in (17) entfällt beim Ableiten. Mit Hilfe der Quotientenregel (3) folgt:
\[ R' = \frac{dR}{dX} = \frac{P_E \cdot (P_A \cdot X + K) - P_E \cdot X \cdot (P_A + K')}{(P_A \cdot X + K)^2} \tag{18} \]
Im Zähler können wir die Klammern auflösen und zusammenfassen:
\[ R' = \frac{P_E \cdot K - P_E \cdot X \cdot K'}{(P_A \cdot X + K)^2} \tag{19} \]
Damit die erste Ableitung der Rendite \( R \) nach der Menge \( X \) Null ist, muss der Zähler Null sein:
\[ 0 \equiv P_E \cdot K - P_E \cdot X \cdot K' \tag{20} \]
Da \( P_E \) in jedem Summanden vorkommt, können wir die gesamte Formel durch \( P_E \) teilen:
\[ 0 \equiv K - X \cdot K' \tag{21} \]
Durch Umstellen ergibt sich:
\[ \frac{K}{X} = K' \tag{22} \]
Um auf Maximum oder Minimum der Rendite \( R \) zu prüfen, können wir auch (22) minimieren. Abgeleitet mit der Quotientenregel (3) nach der Menge \( X \):
\[ \frac{d(\frac{K}{X})}{dX} = \frac{K' \cdot X - K}{X^2} \tag{23} \]
Setzen wir (23) gleich Null, muss der Zähler Null werden:
\[ 0 \equiv K - X \cdot K' \tag{24} \]
und erhalten durch Umstellen:
\[ \frac{K}{X} = K' > 0 \tag{25} \]
Da (25) größer Null ist, werden die Kosten minimiert und folglich die Rendite \(R\) (23) maximiert. Bemerkenswert daran: Die Stelle des Optimums (20) hängt nicht mehr direkt vom Kauf- und Verkaufspreis der Investition ab, sondern nur noch von den Kosten und der Menge.
Fazit: Minimale Transaktionskosten maximieren die Rendite.
Einfluss von Steuern
Berücksichtigt man Steuern \(S\), so gilt für den Gewinn nach Steuern unter Berücksichtigung von (8):
Der Gewinn nach Steuern \( G_{\text{nach St.}} \) berechnet sich aus:
\[ G_{\text{nach St.}} = G_{\text{vor St.}} - S(G_{\text{vor St.}}) \tag{24} \]
Typischerweise ist die Steuer \( S(G_{\text{vor St.}}) \) ein prozentualer Anteil \( \hat{s} \) vom Gewinn. Allerdings ist \( \hat{s} \) laut unseren Steuergesetzen vom Gewinn \( G_{\text{vorSt.}} \) und von der Anlageform abhängig. Somit ergibt sich:
\[ G_{\text{nach St.}} = G_{\text{vor St.}} - \hat{s} \cdot G_{\text{vor St.}}, \quad \text{mit} \quad 0 < \hat{s} < 1 \tag{25} \]
Das können wir vereinfachen auf:
\[ G_{\text{nach St.}} = G_{\text{vor St.}} \cdot (1 - \hat{s}) \tag{26} \]
Beachte, dass der Term \( (1 - \hat{s}) \) ein Faktor im Intervall \( 0 < 1 - \hat{s} < 1 \) ist. Deshalb können wir (28) nach der Menge \( X \) ableiten:
\[ G'_{\text{nach Steuer}} = \frac{dG_{\text{nach St.}}}{dX} = G'_{\text{vor St.}} \cdot (1 - \hat{s}) \tag{27} \]
Die erste Ableitung von \( G'_{\text{vor St.}} \) nach der Menge \( X \) entspricht (9). Das setzen wir ein:
\[ G'_{\text{nach Steuer}} = (P_E - P_A - K') \cdot (1 - \hat{s}) \tag{28} \]
Für das Maximum müssen wir \( G'_{\text{nach Steuer}} \) Null setzen:
\[ 0 \equiv (P_E - P_A - K') \cdot (1 - \hat{s}) \tag{29} \]
Ein Produkt ist Null, sobald einer der Faktoren Null wird. Laut (25) ist das für \( (1 - \hat{s}) \) nicht möglich. Das heißt:
\[ 0 \equiv P_E - P_A - K' \tag{30} \]
Das kennen wir bereits. Auch unter Berücksichtigung von Steuern gilt für den maximalen Gewinn:
\[ P_E - P_A = K' \tag{31} \]
Für die zweite Ableitung nach der Menge \( X \) ergibt sich:
\[ G''_{\text{nach Steuer}} = (-K'') \cdot (1 - \hat{s}) \tag{32} \]
Analog zu (15) ergibt sich somit:
\[ - \underbrace{ \underbrace{K''}_{>0} \cdot \underbrace{(1 - \hat{s})}_{>0} }_{>0} < 0 \tag{33} \]
Für die Rendite \(R\) gilt der zuvor aufgezeigte Rechenweg analog. Dieser kann als Übung nachvollzogen werden.
Fazit: Auch wenn Steuern anfallen, gilt: Minimale Transaktionskosten maximieren Gewinn und Rendite.
Portfolio optimieren
Nehmen wir nun an, wir teilen unsere Investition auf mehrere Investitionen auf, die zu einem Portfolio \(PF\) gehören. Dann ergibt sich der absolute Gewinn des \(PF\) aus den Gewinnen der einzelnen Investitionen \( i \):
\[ G_{PF} = \sum G_i, \quad \text{mit} \quad 1 < i < \infty \tag{34} \]
Analog können wir (8) einsetzen:
\[ G_{PF} = \sum (P_{E_i} X_i - P_{A_i} X_i) - \sum K_i \tag{35} \]
und ermitteln die 1. Ableitung nach der Menge \( X_i \):
\[ G'_{PF} = \sum (P_{E_i} - P_{A_i}) - \sum K'_i \tag{36} \]
Setzen wir die 1. Ableitung Null und stellen um:
\[ \sum (P_{E_i} - P_{A_i}) = \sum K'_i \tag{37} \]
Es handelt sich wiederum um ein Maximum, weil uns die Banken nichts schenken:
\[ G''_{PF} = - \underbrace{ \sum \underbrace{K''_i}_{>0} }_{>0} < 0 \tag{38} \]
Für die Rendite \(R\) und Steuern \(S\) gilt der zuvor aufgezeigte Rechenweg analog. Dieser kann als Übung nachvollzogen werden.
Fazit: Auch in einem Portfolio, gilt: Minimale Transaktionskosten maximieren Gewinn und Rendite.
Laufende Ausschüttungen, Dividende, Aktientausch
Die Überlegungen zum Portfolio beantwortet auch die Frage, wie es sich verhält, wenn während der Haltezeit laufende Ausschüttungen anfallen, z. B. aus Dividende oder Aktientausch. Diese Einnahmen samt zugehöriger Ausgaben und Kosten sind in der Reihe (35) enthalten. Sollten diese laufenden Ausschüttungen thesauriert und zinseszinslich angelegt werden, sind diese beim Verkauf der Investition enthalten.
Verlustgeschäfte
Alle Überlegungen gelten auch für Verlustgeschäfte, wenn \( P_E < P_A \) bzw. \(\sum P_{E_i} < \sum P_{A_i}\). Die Verluste - als negativer Gewinn - fallen geringer aus.
Trading
Beim Trading wird die Zeitspanne zwischen Kauf und Verkauf stark verkürzt. Entsprechend häufig fallen Transaktionskosten an. Dieses Vorgehen widerspricht der Formel (37). Zu den erheblichen Risiken von Trading sei auf den guten Artikel von Finanztip verwiesen.
Andere Investitionen
Die Betrachtungen gelten auch für andere Investition wie Immobilien, Gold, Crypto. Die Kosten für Management, Makler, Notar, Steuern, Zinsen, Versicherungen, etc. sind in den Residualkosten in (7) enthalten.
Interpretation und Schlussfolgerungen
Der eigentliche Charme der vorherigen Betrachtungen besteht in ihrer Universalität. Es kommt weder auf die Anlageform oder den tatsächlichen Gewinn/Verlust noch auf die tatsächlichen Kosten oder den individuellen Steuersatz an.
Wichtig: Wir optimieren nur die Umsetzung einer Investition. Ob die Investition überhaupt lukrativ ist, ist eine gänzlich andere Frage.
Umzetzung
Die Umsetzung ist denkbar einfach: Niedrige Kosten durch Onlinebroker und Buy-and-Hold auf einen weltweiten ETF mit geringen Gebühren.
Fazit
Ich habe mathematisch gezeigt, wie minimale Kosten Gewinn und Rendite maximieren. Die Lösung: kostengünstige ETFs auf breit gestreute Marktindizes – einfach umsetzbar, mit vertretbarem Risiko.
Ihr, Nico Litschke
Haftungsausschluss: Keine Versicherungs-, Finanz-, Anlage- und/oder Steuerberatung!
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